Am Morgen hatte ich einen Großteil der Sachen soweit getrocknet, auch wenn ich in den nächsten Tagen immer wieder irgendwelche feuchten Gegenstände in meinem Rucksack finden werde, die ich in der ersten großen Trocknungsaktion vergessen hatte oder die erstmal nicht so wichtig waren. Klar denkt man darüber nach, was da passiert ist - oder besser, was hätte passieren können - und ist froh, dass es doch mit viel Glück glimpflich abgegangen ist. Vielleicht hätte ich gestern da nicht reingehen dürfen, so wie die Situation war, aber was waren die Alternativen? Zwei Tage vor der Furt zelten in der Hoffnung, dass der Wasserstand sinkt? Auf der anderen Seite hatte ich vorher schon ein paar schwere Watungen gut gemeistert und andere sind durch die Stelle ja auch durch. Na auf jeden Fall hatte ich jetzt erstmal wieder ein schlechtes Gefühl, wenn ich von weitem Wasser rauschen hörte, aber um den gleich vorzugreifen - in eine solche Situation kam ich glücklicherweise nicht mehr und mit der Zeit legte sich das schlechte Gefühl vor den Watstellen auch wieder ein bisschen. Das war auch gut so, da Unsicherheit bei den Flussquerungen wiederum zu neuen Gefährdungen führen kann. Ich versuchte vielmehr sehr konzentriert an jede einzelne Watung ranzugehen, um mit der Zeit wieder Sicherheit aufzubauen, was auch funktionierte.
Der ältere Finne teilte mit mir am Morgen noch ein paar Karamellbonbons, bevor ich aufbrach. Ich hatte meinem Mann gestern abend bloß eine kurze Nachricht über das Inreach geschickt, dass ich in den Fluss gefallen bin, soweit aber alles in Ordnung ist, konnte jedoch aufgrund von fehlender Netzabdeckung nicht mit ihm telefonieren. Das wollte ich nachholen, um mit ihm die Situation zu besprechen. Ich hatte mir ja im Vorfeld die Netzabdeckung ungefähr in meine Papierkarte eingezeichnet und so versuchte ich am Anfang der heutigen Etappe erst einmal abseits des Wanderweges auf ein paar Geröllberge zu klettern, was zwar sehr anstrengend war, leider jedoch nicht dazu führte, dass ich Mobilfunkempfang bekam.
Heute schien die Sonne, nur der Wind blies stark, aber glücklicherweise bei mir von hinten. Etwas weniger Glück hatten die drei Wanderer, die mir entgegen kamen und ganz schön kämpfen mussten. Sie kamen aus Richtung Somashytta, meinem heutigen Etappenziel. Ich erzählte Ihnen von der Flussfurt, die mir zum Verhängnis wurde, aber die drei wollten von Pihtsusjärvi Richtung Norden zum Halti, so dass sie froh waren, nicht durch den Fluss zu müssen. Auf meinem Weg in Richtung Somashytta gäbe es auch noch ein paar Watstellen, aber nur bis maximal Kniehöhe. Das sollte gehen. Tatsächlich habe ich bis auf eine Stelle alle mit den Wanderstiefeln gequert, aber etwas mulmig war mir immer noch.
Am Kopmajoki autiotupa nutzte ich die Gelegenheit, meinen Müll der letzten Tage zu entsorgen, da die finnischen Hütten im Gegensatz zu den norwegischen die Möglichkeit bieten, dass man seinen Müll dort wegwerfen kann. In Norwegen wird gerade bei den abgelegenen Hütten stets darauf verwiesen, dass man seinen Müll mitnehmen soll, was verständlich ist, aber auch bedeutet, dass man diesen dann bis zur nächsten Gelegenheit in der Zivilisation mit sich rumträgt. Nach dem Autiotupa kam ein größeres Flussdelta, bei dem mehrere Flussarme nacheinander zu queren waren. Oft ging dass aber von Stein zu Stein, nur bei den letzten musste ich, wie schon geschrieben, die Stiefel ausziehen. Von hier war es jetzt auch nicht mehr weit bis zur Grenzquerung. Am dortigen Riksrøys verließ ich Finnland nach nur 4 Tagen wieder und querte ich das letzte Mal die Landesgrenze nach Norwegen. Nach kurzer Zeit war die Somashytta erreicht, eine kleine Hütte des Statskog, die oft von Jägern genutzt zu werden scheint. Jedenfalls lagen um die Hütte viele Knochenreste herum. Der Wind wehte immer noch stark und die Hütte war ziemlich ausgekühlt, so dass ich erstmal Feuer anmachte.
Morgen wollte ich querfeldrein zur Nedrefosshytta ins Reisadalen. Das hieß jedoch, dass man gleich frühmorgens den Fluss hinter der Hütte queren muss. Beim Wasserholen hatte ich schon gesehen, dass der Fluss ziemlich breit und tief war, wenngleich es kaum Strömung gab. Ich erkundete noch eine Furt ca. 1 km weiter nördlich, wo die Quadspur den Fluss kreuzt und beschloss, es morgen früh hier zu versuchen. Hier würde es sogar mit Wanderstiefeln klappen. Als ich zurück an der Hütte war, traf ich dort auf ein amerikanisches Pärchen, welches ich in Kilpisjärvi im Laden schon einmal gesehen hatte. Sie wollten morgen im Reisadalen ihre Tour beenden und dann noch ein paar Tage in den Lyngenalpen wandern gehen. Wir waren alle ziemlich fertig vom Tag und wollten morgen früh raus, so dass es recht zeitig ins Bett ging.
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