NPL #088 - Von der Nedrefosshytta zum See Mollejusgobejárvi

Heute stand gleich noch einmal eine der Etappen an, um die ich mir im Vorfeld viele Gedanken gemacht hatte. Von der Nedrefosshytta aus habe ich drei verschiedene Möglichkeiten, weiterzugehen. Die kürzeste mit 4 Tagen Dauer ist größtenteils weglos über das Nábárplateau nach Alta zu gehen. Die längste ist, dem E1 zu folgen und über Kautokeino zu laufen. Das macht ca. 5 Tage mehr. Und die dritte Variante ist, über das Fjell nach Maze zu gehen, wobei es hier in mehreren Abschnitten Wege gibt. Hier sind jedoch im Mittelteil Sümpfe und mehrere Flüsse zu überwinden, die auf der Karte recht breit aussehen und da ich nicht weiß, ob sie auch tief sind, war das die Variante, bei der ich mit meinen Erfahrungen das schlechteste Gefühl hatte. Außerdem hätte das geheißen, dass ich bis zum Nordkapp mit nur einem Trekkingstock laufen muss, was sich jedoch schon jetzt durch die asymmetrische Haltung schmerzhaft bemerkbar machte. Sowohl in Alta als auch in Kautokeino hätte ich die Chance, Ersatz zu beschaffen.

Am Abend hatte ich dem deutschen Ultralighttrekker, die heute erst später losgehen wollte gesagt, dass er mich retten soll, wenn ich den Anstieg aus dem Reisadalen nicht geschafft habe und die Felswand wieder runtergepurzelt bin. Das war natürlich im Spaß gemeint, aber etwas mulmig war mir schon. Der Däne hatte mir gestern noch erzählt, dass an der Stelle, wo ich hochwollte der Wanderweg den Fluss Imojohka dreimal kreuzt und die Querungen ziemlich schwierig wären. Egal. Erstmal losgehen und dann würde ich schon sehen, woran ich bin.

Direkt an der Hütte quert man erst die Reisaelva und geht dann direkt am Abhang einen ziemlich steinigen Weg entlang. Dort, wo dieser sehr abschüssig ist, sind glücklicherweise Stahlseile gespannt, an denen man sich festhalten kann. Das Reisadalen war jedoch am Morgen sehr neblig und feucht, so dass die Steine glatt waren. Die erste der drei Flussquerungen, von denen der Däne berichtet hatte, war wirklich kniffelig. Das Wasser schoss steil den Berg hinab und überspülte die Trittsteine, so dass diese rutschig waren. Nach etwas Suchen hatte ich eine Stelle am Fluss gefunden, wo ich gut rüberkam. Die anderen beiden Querungen danach waren einfacher. Aber der Gedanke, entlang dieses Flusses eine Felsscharte hochzuklettern mit feuchten, losen Blöcken gefiel mir ganz und gar nicht. Ich hatte mit dem Gedanken, über das Nábár zu gehen, eigentlich schon abgeschlossen, dachte aber, dass ich mir die Felsscharte ja trotzdem mal ansehen könnte. Die soll vom Weg aus gut zu sehen sein. Ich sah sie auch - nachdem ich vorbei war. Ich stand schon in einem kleinen sumpfigen Tal ein Stück weiter. Vor mir ein recht steiler Hang, welcher mit Kiefern und Birken bestanden war. Warum kann man nicht einfach diesen Hang hochklettern? Das erschien mir auf jeden Fall ungefährlicher, als in dieser Felsscharte hochzugehen, wo vielleicht Steine ins Rutschen kommen. Der Anstieg über mehr als 300 Höhenmetern bis zur kahlen Kuppe des Imovárri war wirklich anstrengend und ich erwartete immer noch irgendein Hindernis, was mir den Weg auf das Nábár versperren würde, aber da war nichts. Oben war der tief eingeschnittene Imojohka nur noch ein kleiner Bach, der eben im Gelände lag und der mit einem Schritt gequert werden konnte. Nun noch ein paar Höhenmeter und ich hatte es geschafft. Die Sonne schien und ich musste erstmal meine Freude laut rausschreien. Ich hatte den Anstieg auf das Nábárplateau geschafft. Wahnsinn! 

Ab jetzt ging es erstmal mehr oder weniger Richtung Nordwesten, wobei man manchen tief eingeschnittenen Flüssen ausweichen musste. Große Blockfelder machten das Vorankommen mühsam. Aber ganz so leer und unbewohnt ist die Landschaft da oben dann doch nicht. Ich kam an einer Samisiedlung vorbei und übte das Queren von Rentierzäunen. Wenn es kein Tor gibt - der Regelfall - ist eine der Variante, den Rucksack drunter durch zu schieben und dann selbst hinterher zu klettern. Drübersteigen geht auch manchmal. Das hängt von der Konstruktionsweise ab. Aber das würde ich in den nächsten Tagen noch mehrfach üben können. Die Zäune und aber vor allem die Rentiere würden bis zum Nordkapp meine ständigen Begleiter werden. Sie warten auch am Mollejusgobejárvi schon auf mich, den See, an dem ich mein Zelt aufschlagen wollte. Ich fand eine einigermaßen trockene Stelle am feuchten Ufer. Auch an diesem See war auf der anderen Seite eine Samisiedlung, in der sogar Leute anwesend waren. Ich konnte an dem Abend das Bild des einsamen Nábár nicht nachempfinden, da auf der anderen Seeseite in Sicht- und Hörweite die Sami mit ihren Quads durch die Gegend fuhren und immer wieder die Scheinwerfer über den See leuchteten. Da hatte ich schon stillere und einsamere Orte auf meiner Wanderung gehabt.



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