Das Wetter war morgens wieder gut, so dass ich schon früh die 13 km Schotterpiste in Angriff nahm. Ich freute mich darauf, dass nach 6,5 km ein Staudamm kam, an dem ich Mobilfunkempfang hatte. Das letzte Mal war das in Ritsem der Fall. Es ist für mich ganz schön schwierig, die vielen Erlebnisse, die ich jeden Tag habe, nicht teilen zu können oder auch nicht zu wissen, ob es den anderen gut geht.
Na jedenfalls telefonierte ich erstmal. Innerhalb der letzten Tage war eine ganze Menge zu Hause passiert. Dort bleibt das Leben ja auch nicht stehen. Gerade diese längeren Zeiten ohne mögliche Verbindung finde ich immer noch schwierig. Aber das muss ich in den Griff bekommen. Die werden weiter im Norden noch häufiger werden.
Nach 13 km Schotterpiste ging rechts an einem kleinen Parkplatz der Wanderweg ab. Aus der Anstiegshöhe und der Dichte der Höhenlinien auf der Karte war klar, dass es steil würde, aber wenn man dann vor einer fast senkrechten Felswand steht, da fragt man sich doch, wie man da hoch soll. Am besten Schritt für Schritt. Der Aufstieg führte über eine Felsspalte mit Steinblöcken. Hier musste man sehr häufig die Hände zur Hilfe nehmen, um überhaupt Halt zu haben. Diesmal war es richtiges Bouldern am Fels, nur eben ohne Fallschutzmatte, mit dem Rucksack auf dem Rücken und zwei Trekkingstöcken, die man dabei gar nicht gebrauchen konnte und die man dann immer hinter sich her schleifte.
Hatte ich mir erst Gedanken darüber gemacht, wie anstrengend die 300 m Aufstieg werden, stellte sich die Frage am Fels dann nicht mehr. Das war pures Adrenalin, was für die Zeit des Aufstieges durch meinen Körper schoss. Oben war ich einfach nur glücklich, gut angekommen zu sein. Die Passage bei schlechtem Wetter, nassen Fels oder auch nur in Gegenrichtung, d.h. als Abstieg, stelle ich mir noch schwieriger vor.
Auf der Hochebene war es wieder eine völlig andere Landschaft als zuvor und es war großartig, weite Blicke von hier oben zu den entfernteren Bergen zu haben.
Die Skoaddejárvehytta hatte ich auch wieder für mich allein. Die Angler waren hier nur auf Tagesbesuch und gingen bald und zwei andere quartierten sich in der kleinen Hütte gegenüber ein. Übrigens, ca. 100 m hinter dieser kleinen Hütte hat man Mobilfunkempfang, wenn man sich auf einen größeren Felsblock stellt. Danach habe ich den dann erst wieder in Abisko.
Am Abend konnte man vom Fenster tolle Wolkenschauspiele beobachten, aber etwas unwohl war mir schon, als die Wolken immer dichter wurden.
Und am nächsten Tag war mein Wetterglück zu Ende - Dauerregen, starker Wind, 3°C. Die Etappe, die ich zu bewältigen habe, führt in großen Teilen über blockiges Gelände, was sehr anspruchsvoll zu laufen ist und bei Nässe zusätzlich glatt. Außerdem verlängert sich die Strecke durch eine Umleitung aufgrund von Spreng- und Bauarbeiten an einem Damm, so dass dieser einfach zu laufende Streckenabschnitt nun auf längerer Wegeführung auch durch das Gelände geht.
Ich traute mich bei den Bedingungen einfach nicht loszugehen. Bis 11 Uhr könnte ich abwarten, um die Tagesetappe noch zu schaffen. Aber das Wetter wurde trotz meines ständigen Aus-dem-Fenster-Starrens nicht besser. Heute hatte ich leider keinen beruhigenden Schweizer mit in der Hütte. Ich ging also im strömenden Regen auf meinen Telefonfelsen und telefonierte mit meinem Mann. In solchen Momenten ist es gut, wenn man mit jemandem die Situation besprechen kann und ich war sehr froh, hier diese Möglichkeit zu haben. Er schaute in den Wetterbericht, der für heute weiter Regen und für morgen Besserung vorhersagt. Ich würde also einen Tag auf Hütte bleiben. Einen Zusatztag hatte ich bei der Verpflegung eingeplant. Mehr sollten es aber nicht werden. Dann wird es langsam eng, da ich noch zwei volle Wandertage vor mir habe, bevor ich Proviant in der schwedischen Hütte Unna Allakas nachkaufen konnte.
Nachdem die Entscheidung so getroffen war, konnte ich mich besser auf die Situation einstellen. Der Ofen wurde wieder angeheizt, Tee gekocht, Blog geschrieben und im E-Reader gelesen, den ich für solche Fälle mit mir herumtrug. Die Schuhe konnten mal ganz durchtrocknen und wurden eingefettet. Nur das großzügige Essen, was zu einem normalen Pausentag dazugehört, musste leider entfallen. Ist schon ein ungewohntes Gefühl darüber nachzudenken, wie viel man essen darf, damit es für die nächsten Tage reicht.
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