NPL #005 - Von Ås zur Dølerudhytta

Am Morgen verabschiedete ich mich von meiner Luxusunterkunft. Bett und Dusche zu haben ist auch mal super. Ich ging durch die Stadt, zeitgleich mit den vielen Studenten und Wissenschaftlern, die auf dem Weg zur NMBU waren. Während das Stadtzentrum eher unspektakulär ist, ist der Unicampus sehr schön. Hier hielt ich mich jedoch nicht lange auf und ging zur benachbarten Kirche, wo ich mir nach längerer Zeit mal wieder einen Stempel abholte, da ich den Olavsveg wiedergefunden hatte. 

Da Laufen ohne ständigen Blick auf‘s Navi auch mal ganz entspannt ist, dachte ich fürs erste den Pilgerweg bis Oppegård zu folgen. Es ging vorbei an den Versuchsflächen der NMBU hinaus aus der Stadt. Leider verlief der Olavsveg die ganze Zeit auf einer Asphaltstraße, so dass ich irgendwann beschloss, im angrenzenden Wald weiter zu gehen. Ich kam an einer an historischer Stelle am Königsweg wieder aufgebauten Brücke vorbei und folgte dann dem „Kongeveien“ weiter bis zu einer Sehenswürdigkeit, die ich im Vorfeld der Tour recherchiert hatte und die ich unbedingt sehen wollte. 

Westlich von Solberg überspannt seit 2001 eine Holzbrücke die E18, deren Konstruktion auf der Brücke beruht, die Leonardo da Vinci für den Bosporus entworfen hatte, die dort jedoch nicht gebaut wurde. Die Fahrbahn wird über bogenförmige Träger geführt. Insgesamt eine sehr filigrane und elegante Konstruktion, die sich perfekt in die Landschaft einfügt. Durch den Bau der Brücke bei Solberg sollte gezeigt werden, dass die Konstruktion, die da Vinci für den Bosporus vorschlug, funktioniert. Außerdem werden hier Materialstudien für die Imprägnierung des verwendeten Holzes durchgeführt. Die Brücke war definitiv mein Highlight des Tages! 

Für mich ging es weiter auf dem Kongeveien nach Oppgård. Hier musste ich den Rucksack erstmal mit 1,5 l Trinkwasser beschweren, weil an der Dølerudhytta kein trinkbares Wasser vorhanden ist. Jetzt folgte das anspruchsvolle letzte Drittel der Tagesetappe. Es ging in die Sør- und die Østmarka. Die vielen kleinen Pfade mit steilen Anstiegen, Kletterpassagen über Steinbrocken und ein ständiges Auf und Ab machen das Gehen mit Rucksack sehr beschwerlich. Irgendwie erinnerten mich die steilen knackigen Anstiege an die Sächsische Schweiz. Man hat nicht das Gefühl voranzukommen. 

Ich kam an der Elgrudshytta vorbei, die von der Widerstandsbewegung unter deutscher Besatzung genutzt wurde, da sie an der Flüchtlingsroute lag, die nach Schweden führte.

Irgendwann war es auch dieser Abschnitt geschafft. Ich bog auf die Wiese der Dølerudhytta ein und sah Zelte. Viele Zelte. Ich hatte ja mit der Nutzung der Hütte durch eine Familie so kurz vor dem Wochende gerechnet, aber nicht mit einer Jugendgruppe. Und der einzige halbwegs ebene Platz, der übrig war, war mittendrin. Was hilft‘s! An Weitergehen war nach der 30 km Tagesetappe nicht zu denken. Also Augen zu und durch. Ich baute mein Zelt auf der von den Schauern des Tages durchnässten Wiese auf, verkroch mich in mein Zelt und versuchte, den Lärm zu ignorieren. Als ich mir dann etwas Wasser zum Waschen vom Brunnen holte - trinken hätte ich das Wasser von dort wirklich nicht gewollt - gingen auf einmal alle Jugendlichen in den Wald. Wieder am Zelt angekommen sah ich, wie der Betreuer der Gruppe zu mir rüberschaute und fühlte mich etwas unwohl. Als er dann rüberkam dachte ich, dass er Probleme damit hat, dass ich dort zelte. Ich sagte ihm, dass ich schon 30 km unterwegs bin und nicht weiterlaufen könne. Er war aber eigentlich deshalb rübergekommen, weil er ein fremdes Zelt gesehen hatte, was genau das gleiche ist, was er privat hat. Er wollte nur etwas „Gear-Talk“ betreiben. Es stellte sich heraus, dass das Zeltlager ein Integrationsprojekt ist, wo jugendliche Immigranten das norwegische Friluftsliv kennenlernen und z.B. über das Allemannsretten informiert werden. Als er dann von meinem Projekt hörte - er hatte sich mit Endpunkt Lillestrøm nicht abspeisen lassen - meinte er, dass er dafür sorgt, dass die Kids am Abend leise sind. Für so eine Tour muss man gut schlafen! Außerdem gab er mir noch Tipps für die Etappe am Folgetag, die einfach zu laufen wäre. Dass das bei Norwegern etwas anderes heißt, als bei uns, war mir klar, aber ich denke, dass er mit seinem Vorschlag die Folgeetappe etwas entschärft hat.



Kommentare

  1. Olaf der Dünne 215 Mai, 2022

    Die Brücke sieht ja echt toll aus! Passt richtig gut in die Landschaft. Und der Betreuer von den Jugendlichen war ja mal nett, das er aufpasst, dass Nachts Ruhe ist. 😁

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  2. Olaf der Dünne 315 Mai, 2022

    Eine schöne Strecke, die Brücke sieht ja echt super aus, auch architektonisch ist sie toll. 30 km sind echt viel! 😧

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    1. Olaf der Dünne 215 Mai, 2022

      Ja, 30 km sind echt viel , vor allem bei so einer Strecke.

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